Montag, 11. Juni 2012

Postkarte eines Betzinger Zwangsarbeiters


















Marc Simal aus Belgien schickte uns diese Postkarte, die im Juli 1944 in Betzingen abgestempelt wurde und nach Belgien geschickt wurde. Sein Stiefvater Evrard Célestin war in den Jahren 1944 und 1945 als einer von über 500 Zwangsarbeitern bei der Firma Wilhelm Heim in der Wannweiler Straße beschäftigt und hat diese Karte an seinen Vater geschrieben. Aus den Erzählungen seines Stiefvaters weiß Marc auch, dass Evrard Celestin in einem Barackenlager untergebracht war - vermutlich in einer der Baracken an der König-Karlshöhe, von denen nur noch eine steht und in der heute der Jugendclub STYLE, vormals TEAM 65 untergebracht ist. Im Lager hätte ein Mann namens "Walz" die Aufsicht gehabt.Evrard Célestin wurde in Betzingen auch bei Baumfällarbeiten und Sägearbeiten (das Sägewerk hätte sich in einer Entfernung von ca. 2 km befunden) eingesetzt und beim Transport von Eisenblechen vom Bahnhof in die Wannweilerstraße. Nach den Luftangriffen auf Reutlingen musste er auch bei den Aufräumungsarbeiten in der Stadt mithelfen.
Ich kann das Handschriftliche leider nur zum Teil entziffern, aber er schreibt eher positiv über Betzingen und über sein Zwangsarbeiter Dasein, wobei man nicht vergessen darf, dass solche Briefe zensiert wurden. Kann jemand alles lesen und den französischen Text übersetzen?

Evrard Celestin lebt noch hochbetagt in Belgien und wird wohl einer der letzten lebenden Zeitzeugen sein, der als Fremdarbeiter bei der Firma Wilhelm Heim in Betzingen gearbeitet hat. Möglicherweise erhalten wir von ihm über Marc Simal weitere Informationen
























Bildertanzquelle Marc Simal



Vielen herzlichen Dank an Herrn Johannes Riegl aus Österreich, dessen Tochter Sprachwissenschaftlerin ist und diesen Brief von Edvard Celestin ins Deutsche übersetzte
 
Le 5-2-1944.
Chèr père,
Comme tu pourrras le voir, je suis changé de place. Ma santé est toujours très bonne Je peux espérer qu'il en est de même pour toi, travailles-tu toujours et peux-tu toujours te débrouiller. Quant [?] à moi pour la nourriture ça peut aller, ce qui me prive le plus, c'est le manque de tabac et de linge. Je puis croire que tu es aidé, si tu ne l'es pas demande à Jean de faire le nécessaire. J'aimerais que tu m'envoies un colis postal, 1 kg pas plus contenant du tabac et cigarettes, feuilles [?] et 2 boules de savon. Tu pourras aussi après si tu le juges nécessaire me faire un colis ordinaire 1 kg pas plus, du tabac le plus possible du linge, du savon de toilette et barbe, 1 paire de sandalettes ou bonnes pantoufles, si tu avais 1 kg de sucre ou bien 3 cela me ferait grand plaisir. Je t'enverrai bientôt une photo, d'ici.
Tu pourras voir que je suis encore très bien, je pèse encore mes 71 kg, ce qui n'est pas trop mal j'ai seulement perdu pas même 1 kg. Enfin mon petit père faut pas t'en faire, je peux être rentré pour mes 21ans. Si des fois je n'avais pas de permission pour cela, tu devras voir à m'envoyer du linge chaud pour l'hiver. Mais l'espoir fait vivre! Comme tu peux le voir je t'écris ici (...)
Übersetzung:
5.2. 1944
Liebe Vater,
Wie du sehen kannst, wurde ich verlegt. Meine Gesundheit ist noch immer sehr gut. Ich kann nur hoffen, dass das Gleiche für Dich gilt, arbeitest du noch und kommst Du noch zurecht. Was mich betrifft, mit der Nahrung geht's ja noch, der größte Entzug besteht im Mangel an Tabak und Wäsche. Ich nehme an, Dir wird geholfen, wenn das nicht so ist, bitte Jean das Notwendige zu unternehmen. Ich hätte gerne dass Du mir ein Postpaket schickst, 1kg nicht mehr, mit Tabak und Zigaretten, Blättern [Zigarettenpapier] und 2 Seifenbarren.
Du könntest auch, je nachdem ob Du es für notwendig hältst, ein normales Paket, 1kg nicht mehr, schicken, mit Tabak - soviel wie möglich - Wäsche, Toilette- und Rasierseife, 1 Paar Sandalen oder gute Pantoffeln, und wenn du 1 kg Zucker hättest, oder 3 - das würde mir große Freude machen. Ich schicke Dir bald ein Foto von hier.
Dann kannst du sehen dass ich noch ganz gut beisammen bin, ich wiege noch meine 71kg, das ist doch nicht schlecht, ich habe noch nicht einmal 1 kg abgenommen. Ach lieber Papa nimm's nicht so schwer, zu meinem 21. kann ich schon wieder zu Hause sein. Und, sollte es doch anders kommen und ich die Erlaubnis dafür nicht bekommen, dann wirst Du zusehen müssen mir warme Wäsche für den Winter zu schicken. Aber der Mensch lebt von der Hoffnung! Wie Du sehen kannst schreibe ich Dir hier in (...)

3 Kommentare:

  1. Auch Jan de Gier aus Den Haag hat in diese Zeit bei Heim gearbeitet und lebt noch

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    1. Gibt es da Kontaktdaten zum Jan de Gier?

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  2. Gibt es da Kontaktdaten zum Jan de Gier?

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