Samstag, 29. Mai 2021

Der Professor aus der Poststraße

 

Schon seit Jahren wird am Gebäude in der Poststraße 17 kurz vor der Eisenbahnbrücke renoviert und umgebaut. Viele Betzinger werden sich daran erinnern, dass in diesem Haus ein kleines Schreibwarengeschäft betrieben wurde, welches scherzhaft „Der kleine Kußmaul“ genannt wurde. Diese Bezeichnung diente hauptsächlich zur Unterscheidung zum anderen Betzinger Schreibwarengeschäft in der Steinachstraße, welches ungleich größer war. Inhaberin beider Geschäfte war Lore Sautter, geborene Kußmaul. Die Geschichte des Hauses in der Poststraße 17, also des „kleinen Kußmauls“ ist nicht uninteressant. Es wurde etwa um 1890 von einem Betzinger Bauern erbaut, der es um 1920 an den Metzger und benachbarten Hirschwirt Christian Sattler verkaufte.

Gegen Ende der 1920er Jahre erwarben der Buchbinder Kußmaul und seine Frau das Gebäude. Die Kußmauls hatten zwei Kinder. Zum einen die Lore, die später die Kußmaul-Läden führen sollte und an die sich auch heute noch viele Betzinger gerne erinnern. Zum anderen den Sohn Karl Kußmaul, der in diesem Haus in der Poststraße im Jahre 1930 geboren wurde und aus dem ein international renommierter Wissenschaftler wurde.

Professor Dr.-Ing. Karl Kussmaul wirkte an der Universität Stuttgart als Ordinarius für Materialprüfung, Werkstoffkunde und Festigkeitslehre und war 22 Jahre Direktor der Materialprüfungsanstalt (MPA) Stuttgart. Auch nach seiner Emeritierung führt er auch heute noch seine Projekte und Vorstellungen als Berater und Gutachter durch. Hochaktuell sind seine experimentellen  Untersuchungen zur Ermöglichung einer auf Wasserstoff basierenden Energieversorgung, die besonders im Verkehrswesen eine nachhaltige Perspektive aufzeigen. Professor Kußmaul ist mehrfach ausgezeichnet worden. 1986 hat er das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse erhalten. 1988 wurde ihm eine Ehrenprofessur in China am Nanking Institut für Chemische Technologie verliehen. 1989 wurde er Ehrendoktor der Technischen Wissenschaften der Technischen Universität Graz. 1997 folgte die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg.

Prof. Kußmaul lebt heute in Reutlingen und geht trotz seiner mittlerweile 91 Lebensjahre noch täglich seinen Forschungen nach, schreibt zusätzlich noch an seiner Autobiographie. Obwohl er  jahrelang auf der ganzen Welt herumkam, hat er seine Betzinger Wurzeln nicht vergessen, interessiert sich nach wie vor, was in Betzingen vor sich geht und er kennt so manche Betzinger Familiengeschichte. 

BildeRTanzquelle Werner Früh


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